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(a) ins Gras beißen (55✕) 

Formale Varianten in Wörterbüchern

  • ins Gras beißen (Adelung).

  • ins Gras beißen (Borchardt).

  • ins Gras beißen (DWB – ‚Erde‘).

  • ins Gras beißen (DWB – ‚Gras‘).

  • ins Gras beißen (Duden 11 – ‚Gras‘).

  • ins Gras beißen (WddU – ‚Gras‘).

Diachrone Angaben dazu in Wörterbüchern

  • WddU – ‚Gras‘: „Seit dem 16. Jh.“

  • WddU – ‚Gras‘: „1959ff.“

Transformationen

Das Phrasem wird in den Belegen folgendermassen verwendet:

  • 100% im Aktiv (A) / 0% im Passiv
  • 100% in positiver Form (+) / 0% in negierter Form
  • 94,5% als Aussage / 5,5% als Frage (?)
  • 0% satzwertig (S) / 100% satzteilwertig

Bedeutungen

  • (a) seltener von einem nicht gewaltsamen tod. so, wenn er durch äuszere not bedingt ist (8✕) 
    Angaben dazu in Wörterbüchern
    • DWB – ‚Gras‘: seltener von einem nicht gewaltsamen tod. so, wenn er durch äuszere not bedingt ist

    • LdSpR – ‚Gras‘: im Kampf fallen

  • (b) sterben, besonders von einem gewaltsamen tode / überwiegend von einem gewaltsamen tode, besonders dem auf dem schlachtfeld: (47✕) 
    Angaben dazu in Wörterbüchern
    • Adelung: umkommen, sein Leben verlieren,

    • Borchardt: sterben

    • DWB – ‚Gras‘: sterben, besonders von einem gewaltsamen tode / überwiegend von einem gewaltsamen tode, besonders dem auf dem schlachtfeld:

    • DWB – ‚Gras‘: auf ein natürliches sterben bezogen

    • LdSpR – ‚Gras‘: sterben

    • WddU – ‚Gras‘: sterben

  • (c) Vegetarier sein (0✕) 
    Angaben dazu in Wörterbüchern
    • WddU – ‚Gras‘: Vegetarier sein

  • In den Belegen wird das Phrasem zu 98,2% idiomatisch  und zu 1,8% wörtlich  gebraucht
  • In 0% der Belege wird der phraseologische Gebrauch metasprachlich angezeigt
  • Explizite Hinweise auf die Bedeutung des Phrasems finden sich in 0% der Belege

Gebrauch

Das Phrasem kommt in folgenden Textsorten vor:

  • (a) Belletristik: 98,2%
  • (b) Fachtext: 1,8%
  • (c) Zeitungs-/Zeitschriftentext: 0%

Das Phrasem wird in folgenden sprachlichen Kontexten verwendet:

  • (a) konzeptionell schriftlicher Kontext: 50,9%
  • (b) konzeptionell mündlicher Kontext: 49,1%

Beschreibung der kulturhistorischen Entwicklung

Angaben in Wörterbüchern

  • DWB – ‚Gras‘: „[im gras liegen, ins gras sinken u. ä., das verwundet- oder entkräftetsein umschreibend] dem gleichen vorstellungsbereich entstammen, freilich unter spürbarem einflusz der kollektiven bedeutung von gras B, wendungen, die ein meist gewaltsames sterben, besonders den tod auf dem schlachtfeld umschreiben / der seit dem 16. jh. bezeugten redensart entsprechen in den romanischen sprachen wendungen wie frz. mordre la poussière; it. mordere la terra; span. morder la tierra. zugrunde liegt die in der antiken literatur mehrfach begegnende vorstellung, dasz tödlich verwundete krieger im todeskampf erde mit dem mund erfassen, vgl.: Údªx lazo×ato gaÙan HOMER Ilias 2, 418; Údªx e̔́lon oådaV ebda 11, 749; dementsprechend geben ältere lexikographen die dt. wendung wieder mit mordere humum, vgl. DENTZLER clavis germ.-lat. (1716) 139b; ALER dict. (1727) 1, 977a; STEINBACH dt. wb. (1734) 1, 634. der wechsel des wortes in der dt. redensart, gras anstelle von erde, erklärt sich aus dem gerade im älteren dt. häufig bezeugten gebrauch von gras für den erdboden, vgl. C 1 b, bes. g, wo gras einen symbolwert hat in wendungen, die einen gewaltsamen tod umschreiben. andererseits findet sich auch im dt. die auf einen gewaltsamen tod bezogene wendung (in) den grund beiszen, s. teil 4, 1, 6, sp. 685. zur erklärung der wendung vgl. auch PISCHEL in: sitzungsber. d. pr. akad. d. wiss. (1908) 445ff.“

  • Adelung: „ welche vornehmlich von Soldaten gebraucht wird, welche in einem Treffen umkommen, gehöret vermuthlich nicht hierher, sondern zu dem veralteten Zeitworte baißen, herab lassen, herab steigen, ingleichen fallen, von welchem in dem Lateine der mittlern Zeiten bassus für niedrig sehr üblich war, wovon noch das Franz. bas abstammet. “

  • LdSpR – ‚Gras‘: „Es handelte sich mithin um eine Verallgemeinerung des Soldatentodes auf dem Festlande. Literarisch zum Beispiel bei Lessing in dem 87. Sinngedicht auf den Lupan: | Des beissigen Lupans Befinden wollt ihr wissen? | Der beissige Lupan hat jüngst ins Gras gebissen. || Die Redensart kann nicht getrennt werden von romanischen Redensarten wie französisch ›mordre la poussière‹ (wörtlich: in den Staub beißen); italienisch ›mordere la terra‹; spanisch ›morder la tierra‹. Im Deutschen ist an die Stelle von Erde und Staub auffallenderweise das Gras getreten, was die Erklärung dieser viel gedeuteten Redensart sehr erschwert hat. Die Redensart findet sich zuerst im 13. Jahrhundert, hat aber dort noch nicht den Sinn von ›sterben‹, sondern wird von Schafen gebraucht, die weiden, bedeutet also soviel wie ›Gras fressen‹. In der Bedeutung ›sterben‹ kommt sie erst im 17. Jahrhundert bei Opitz und Olearius vor. Bei Olearius (›Persianischer Rosenthal‹ I, 19) heißt es: »Viel haben müssen in der Frembde Hungers halben ins Grasz beißen / dasz man nicht weisz / wer sie gewesen seynd: Ihrer viel sterben umb denen keine Thränen vergossen werden«. Es läge nahe, zwischen den Worten ›Hungers halben‹ und ›ins Grasz beißen‹ einen Zusammenhang herauszufinden und diese Stelle zur Erklärung der Redensart zu verwenden, etwa in dem Sinne, daß man annimmt, ›ins Grasz beißen‹ sei ursprünglich von Menschen gebraucht worden, die in größter Not wie die Tiere Gras essen, und erst allmählich von der Todesgefahr auf den Tod selbst ausgedehnt worden (so auch Wander, s. Gras). Die Stelle bei Olearius berechtigt indes zu einem solchen Schlusse nicht, zumal andere Stellen, die auf diese Erklärung hinweisen, nicht bekannt sind. Unserem ›ins Graß beißen‹ entspricht englisch ›to go to grass‹, das sonst von Tieren im Sinne von ›weiden‹, ›auf die Weide gehen‹ gebraucht wird, gerade wie unser ›ins Gras beißen‹ bei seinem ersten nachweislichen Vorkommen im 13. Jahrhundert. Neben ›to go to grass‹ gebraucht der Engländer im Sinne von ›sterben‹ auch ›to go to the ground‹, ›to bite the ground‹ und ›to bite the dust‹, ähnlich die romanischen Redensarten (vgl. niederländisch ›in het zand bijten‹). | Man hat die Redensart bisher auf vierfache Weise zu erklären versucht; einmal mit der sogenannten Notkommunion. Es war im Mittelalter üblich, daß Menschen, denen durch Mord oder im Kampf ein schneller Tod drohte, Erdbrocken ergriffen und sie statt des Leibes Christi als letzte Wegzehrung zu sich nahmen. Es wird auch öfters erzählt, daß Laien Sterbenden, denen das heilige Abendmahl nicht mehr gereicht werden konnte, Erdbrocken in den Mund steckten, in der Überzeugung, daß die Wirkung dieselbe sein werde wie beim Genusse des Sakraments. In dem Gedicht von ›Meier Helmbrecht‹ wird erzählt, daß die Bauern dem Räuber, den sie an den Baum gehenkt hatten, einen »brosemen von der erden« gaben, »zeiner stiuwer (Steuer) für daz hellefiuwer«. In dem Lied von der Ausfahrt des Riesen Ecke wird berichtet, daß Ecke einen verwundeten Ritter fand, dem er einen Brocken Erde in den Mund gab mit dem Wunsche: || Der glaub der werd an dir volleyst (vollendet) | Für das hellische fewre, | Gott Vatter, Suon, heyliger Geyst | Kum deiner seel zu stewre, | Das dir der hymmel sey bereyt. || Ähnliches wird erzählt in den Gedichten von der Ravennaschlacht und von Wolfdietrich. In einem altfranzösischen Gedicht auf die Schlacht von Roncevalles wird von dem Helden Olivier berichtet, daß er, zum Tode verwundet liegend, drei Grashalme genommen habe, um damit für sich das heilige Abendmahl zu feiern. Statt der Erdbrocken werden also auch Grashalme erwähnt. Diese Erklärung ist jetzt wohl allgemein mit Recht aufgegeben worden. Grashalme werden bei der Notkommunion nur äußerst selten erwähnt, so daß es ganz unwahrscheinlich ist, daß sie Anlaß zu einer sprichwörtlichen Redensart gegeben haben sollten. Die zweite Erklärung geht davon aus, daß das Wort ›beißen‹ nichts anderes ist als mittelhochdeutsch beizen, althochdeutsch beizên = absteigen, dann auch soviel wie unterliegen. In mittelhochdeutschen Epen wird öfters erzählt, daß ein Ritter ›in daz gras erbeizt‹, d.h. vom Pferde absteigt (beizen heißt eigentlich: essen lassen, also: um das Pferd fressen zu lassen, ins Gras absteigen), z.B. ›Heldenbuch‹ 442, 28: || da beist wolfdietreiche | da nider in das gras || und 361, 18: || er beiste von dem rossen | hin nyder auff das lant. || Dieses ›beißen‹ ist später Gebrauch für ›erbeizen‹ der gebildeten mittelhochdeutschen Literatur. So heißt es z.B. im ›Nibelungenlied‹ Strophe 2, 3: || Dô si in hêt empfangen, er si hiez ûf daz gras | erbeizen mit den frouwen, swaz ir dâ mit ir was.“

  • WddU – ‚Gras‘: „Bezog sich ursprünglich auf den tödlich Verwundeten, der sich vor Schmerzen am Erdboden krümmt und durch Beißen in Gras o.ä. »die Schmerzen zu verbeißen« sucht. Vielleicht auch eine humanistische Entlehnung aus »Ilias« 2,412 und »Aeneis« 11,418.“

  • WddU – ‚Gras‘: „Spottausdruck“